Tagtäglich sind wir in dauernde Handlungen verstrickt. Aktion und Reaktion, das tun und jenes tun geben sich meist unaufhörlich die Hand. Vom Aufstehen bis zum späten Abend dreht sich oft alles um „machen“; Sorge, Planung und Durchführung bestimmen unseren Handlungsablauf.

„Achtsamkeit“ oder „reines Beobachten“ stoppt diesen Handlungsablauf nicht, es schafft aber durch Bewusstwerden das Verstehen dessen, was jetzt im Moment geschieht.

Frage: Gelingt mir, beim täglichen Handeln gleichzeitig der Handelnde zu sein und dabei zu beobachten, was ich tue.

Der Beobachter, mein dazwischengeschaltetes Selbst, urteilt nicht und gibt keine Bewertungen ab. Er schaut nur und betätigt beim Schauen lediglich eine Standleitung ins Bewusstsein.

Etwas höchst Überraschendes geschieht dadurch: Mein Beobachter-Bewusstsein entlarvt jene unsinnigen Strukturen in mir, die durch Konditionierungen, quasi hypnotisch, in mich eingeprägt wurden. Wie eine Sache für mich ist, wird durch dieses Filter gedrückt und bewertet.

Bis jetzt habe ich gemeint, dass der Bewerter, dass der Beurteiler ich selbst wäre! Dabei bin ich hier meine Mama, dort mein Papa, und dann bin ich noch mein Lehrer und sogar die Tante Frida, die ich als Kind so hasste.

Kann ich überhaupt zulassen, dass dieses reine Beobachten mich in die Tiefe meines Denkens und Tuns führt?

Ich muss wollen: klar schauen wollen, klar hören wollen und klar sehen wollen!

Daraus folgt: Achtsamkeit macht mich entscheidungsfähig. Ich sehe mit ihr die tatsächliche Wirklichkeit, nicht die, welche mir durch Konditionierung antrainiert wurde. Nicht die Wirklichkeit, welche ich mir erhoffte, oder die, welche ich mir erträumte.

Der Sufimeister Pir Vilajat sagt: „Stellen Sie sich vor: Die ganze Zeit haben Sie geglaubt, die Dinge seien so, wie Sie meinten – und jetzt entdecken Sie, dass Sie sich geirrt haben. Ist dies nicht phantastisch?