Die Entstehung von Schmerz und Leid

Wenn Schmerz und Leid deshalb entstehen, weil wir an Materie gebunden sind, weil wir um unseren Tod wissen, weil wir uns abgeschnitten, getrennt von aller Welt fühlen, dann müssen wir uns fragen, warum dies so ist. Warum fühlen wir uns getrennt? Warum haben wir Angst vor dem Tod? Warum ängstigt uns die Vergänglichkeit der Materie und alles Seins?

Wir wollen die Realität nicht akzeptieren. Wir stemmen uns gegen die Wirklichkeit. Wir kämpfen gegen das was ist. Wir versuchen die gegebenen Tatsächlichkeiten zu überlisten. Wir wollen nicht sehen, dass wir nichts anderes sind als der wippende Grashalm, als der rauschende Baum, als die summende Biene, als der am Himmel schwebende Falke. Wir sind Leben unter anderem Leben, Leben das kommt und geht und das seinen Sinn darin hat, im Jetzt¬Moment zu leben. Dieses lebenslang immer wiederkehrende „Jetzt“ ist der einzige Besitz, den wir haben. Dies ist der einzige Handlungsspielraum, den wir haben. Statt dieses zu erkennen und zu nutzen, schwelgen wir in der Zukunft: wie sie sein könnte, wie wir sie erträumen. Oder wir trauern der Vergangenheit nach: wie sie hätte sein können, wenn wir das und das so oder so gemacht hätten.

Wir panzern uns ein, bauen ein so wichtiges Ego auf und leben in Traumwelten von gestern und in Traumwelten von morgen. Da soll kein Leid entstehen? Und dann wollen wir festhalten was nicht festzuhalten ist: alle angenehmen Dinge dieser Welt die uns begegnen, vor allem das, was uns Freude macht und Glück bringt. Wir suchen im Außen die Tröstungen und finden sie nur kurz. Durch Haben, durch Anhäufen, durch Festhalten ist keine Lösung zu erreichen.

Schmerz und Leid entstehen, weil wir uns an eine Lebensvorstellung klammern, die nicht real ist. Wir klammern uns an unseren Körper, wir klammern uns an unsere Gefühle, wir klammern uns an unsere Sinne, wir klammern uns an unser Bewusstsein. Wir verbeißen uns in eine irreale Hoffnung von Dauerhaftigkeit und wollen diese nicht loslassen. Es gibt Menschen, die sterben lieber, als ihre Illusionen von der Welt zu revidieren. Sie rennen mit ihrer Einbildung lieber in die Selbstzerstörung, als jener im ersten Moment schockierenden, aber dann erlösenden Wirklichkeit ins Gesicht zu sehen.